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Über die geläuterte Ästhetik eines Kotflügels



Ich habe eine Vorliebe für ein sehr elementares, reduziertes Formenvokabular, für ungeschönte, rauhe, auf´s wesentliche reduzierte Objekte …

In der Nähe eines kleinen südfranzösischen Dorfes fand ich mitten in der sonnengefluteten Garrigue die Überreste eines uralten Peugeots. Im Laufe der Jahrzehnte hatten ihm Wind, Hitze, Kälte, Nässe und Trockenheit entsprechend zugesetzt. Nur die wesentlichen Teile waren noch vorhanden. Der Lack war blind geworden,und überhaupt waren sämtliche Oberflächen von Wind und Wetter in einen ähnlichen Zustand versetzt worden. Die Wölbungen der stumfen Bleche wirkten seltsam materialhaft, sehr gegenwärtig, durch keinen Reflex gestört… ihre Form trat klar und nackt zutage.

Das Ganze kontrastierte mit den filigranen Formen der umgebenden Pflanzenwelt und fand dann auch wieder eine Entsprechung in den ausgewaschenen Wölbungen der verwitterten Felsbrocken und der umgebenden Hügel. Ich möchte fast sagen, er passte nun in die Landschaft, die ihn vereinnahmt hatte …   wunderschön!

2-3 Jahre später hatte ich an der Goldschmiedeschule ein Deja vu beim Glühen und anschliessendem Abbeizen von Silberblechen. Auch das Glühen und Beizen ist ein Läuterungsprozess, bei dem sich das durch mechanische Bearbeitung unterschiedlich verdichtete Gefüge des Werkstücks entspannt und neu ordnet. Am Ende bleibt nur das Wesentliche. Die Oberfläche ist rein und durch eine feine Mikro-Struktur mattiert, weil beim Beizvorgang die unedleren Kupferkristalle der Legierung aus der Oberfläche herausgelöst wurden. Das ist der Zustand, den ich für meine Objekte erhalten möchte: das ist der Geburtszustand mehr oder weniger.